Lestat de Lioncourt: Jenseits der Dunkelheit (Teil 8)

Die Nacht umarmte ihn.

Als Lestat in die Finsternis trat, spürte er, wie sich Raum und Zeit um ihn herum verzerrten. Die Welt, wie er sie kannte, verschwand – Rom, David, der Himmel voller Sterne – alles wurde zu Schatten, zu einem endlosen Nichts.

Nur die Gestalt vor ihm blieb.

Ihre schwarzen Haare schimmerten wie flüssige Dunkelheit, ihre Augen waren das Gegenteil von Licht – nicht leer, sondern voller Wissen, voller Geschichten, voller Geheimnisse, die älter waren als das erste Leben.

„Bist du bereit, Lestat?“

Ihre Stimme war ein Hauch, kaum mehr als eine Idee.

Lestat lachte leise. „Wann war ich jemals bereit?“

Die Gestalt lächelte. „Und dennoch stehst du hier.“

Mit einer fließenden Bewegung hob sie die Hand, und die Schatten begannen sich um ihn zu winden. Sie waren warm, nicht kalt – sie waren nicht Finsternis im menschlichen Sinne. Sie waren Existenz.

Er sah Bilder.

Vergangene Welten. Gefallene Götter. Wesen, die in Flammen existierten, andere, die in ewigem Eis schlummerten. Und in jedem einzelnen Bild erkannte er etwas von sich selbst.

Er war nicht nur Lestat de Lioncourt.

Er war ein Fragment von etwas Größerem.

Und es war an der Zeit, sich zu erinnern.


David und die verlorene Hoffnung

Während Lestat in die Dunkelheit verschwand, rief David seinen Namen.

Doch er war fort.

Rom lag still, als wäre nichts geschehen. Keine Spur von Lestat, kein Zeichen, dass hier jemals etwas Übernatürliches stattgefunden hatte.

David spürte, dass sein Herzschlag sich beschleunigte. Hatte er ihn für immer verloren?

„Verdammt, Lestat… was hast du getan?“ flüsterte er.

Doch dann – eine Bewegung.

Nicht in der physischen Welt.

Sondern in seinem Geist.

Eine Stimme, so bekannt und doch fremd.

„David… fürchte dich nicht.“

Es war Lestats Stimme. Doch sie war anders. Tiefer. Mächtiger.

David schluckte hart. „Wo bist du?“

Ein sanftes Lachen hallte durch seinen Kopf.

„Überall.“


Der Erwachte

Lestat öffnete die Augen.

Aber er war nicht mehr dort, wo er gewesen war.

Er stand an einem Ort ohne Namen, an einem Ort, der außerhalb der Zeit existierte.

Die Gestalt war noch immer vor ihm, doch nun kniete sie nieder.

„Du hast es verstanden.“

Lestat sah an sich herunter.

Sein Körper war derselbe, und doch nicht.

Seine Haut war blass, aber sie schimmerte, als würde das Universum in ihm selbst reflektiert. Seine Hände fühlten sich an, als könnten sie Materie und Gedanken gleichermaßen formen.

Er war Lestat.

Aber er war auch mehr.

„Ich bin…“

Die Worte fehlten ihm.

Er wusste nicht, was er geworden war.

Doch eines wusste er mit Gewissheit:

Die Welt, wie sie war, würde niemals mehr dieselbe sein.

Und es war erst der Anfang.


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