Lestat de Lioncourt: Jenseits der Dunkelheit (Teil 9)
Die Welt pulsierte um ihn herum.
Lestat stand an einem Ort jenseits von Raum und Zeit, einem Reich aus Schatten und Licht, das in Wellen um ihn vibrierte. Er fühlte sich schwerelos, doch gleichzeitig mächtiger als jemals zuvor.
Die Gestalt vor ihm – die Frau mit den tiefen, endlosen Augen – blickte ihn ehrfürchtig an.
„Du hast es verstanden“, sagte sie erneut, diesmal mit einer Spur von Demut in ihrer Stimme.
Lestat betrachtete seine Hände. Sie sahen aus wie seine alten Hände, doch unter der Oberfläche schimmerte eine Macht, die ihm fremd war – uralt, bodenlos tief.
„Was bin ich?“ fragte er schließlich.
Die Frau lächelte. „Du bist die Brücke. Zwischen Licht und Dunkelheit. Zwischen Mensch und Unsterblichkeit. Zwischen dem, was war, und dem, was sein wird.“
Lestat lachte. „Immer diese kryptischen Antworten. Könntest du es mir nicht einmal direkt sagen?“
Die Frau neigte den Kopf. „Du bist das, was Amel nie sein konnte. Ein Bewusstsein, das sich selbst versteht. Ein Wesen, das nicht nur Macht besitzt, sondern sie formen kann.“
Lestat dachte an Amel, den Geist, der einst in Akasha schlummerte, dann in Mekare und schließlich durch ihn strömte. War Amel nur ein Werkzeug gewesen? Ein Fragment dessen, was er nun war?
Er spürte, wie das Universum sich um ihn öffnete.
Er konnte jede Existenz fühlen – nicht nur Vampire, nicht nur Menschen, sondern auch Dinge, die jenseits der bekannten Realität lagen.
Er war nicht länger nur ein Vampir.
Er war etwas Neues.
David Talbot: Das Echo von Lestat
David stand noch immer auf dem Dach in Rom, sein Blick war zum Himmel gerichtet.
Lestat war verschwunden – doch er war nicht fort.
Denn David spürte ihn.
Ein leises Echo, eine Welle von Gedanken, die nicht ganz seine eigenen waren.
„David… fürchte dich nicht.“
Es war Lestats Stimme, aber sie war sanfter als zuvor, ruhiger.
David schüttelte den Kopf. „Du lebst noch… irgendwie.“
Ein Lachen hallte in seinem Geist. „Leben ist ein interessantes Konzept. Ich bin hier… und überall.“
David schluckte. „Was hast du getan?“
Ein Moment der Stille, dann eine Antwort: „Ich habe mich erinnert.“
David wusste nicht, was das bedeutete.
Aber eines wusste er: Lestat war nicht mehr der, den er einst kannte.
Die Rückkehr
Lestat öffnete seine neuen Augen – und diesmal war er nicht mehr in der Leere.
Er stand wieder in Rom, auf dem Dach, vor David.
Doch er war nicht derselbe.
David trat unwillkürlich einen Schritt zurück. „Mein Gott…“
Lestat schmunzelte. „Fast.“
Er spürte, wie die Welt auf ihn reagierte. Die Vampire, die sich in der Nacht verbargen, richteten sich auf, spürten instinktiv, dass sich etwas verändert hatte.
Die uralten Wesen, die einst glaubten, Lestat wäre nur ein weiteres unsterbliches Kind, fühlten es ebenfalls.
Etwas Neues war geboren worden.
Und es trug seinen Namen.
Lestat de Lioncourt.
Der erste seiner Art.
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