Lestat de Lioncourt: Herr oder Feind? (Teil 13)
Stille.
Eine unnatürliche, bedrückende Stille lag über der uralten Katakombe, in der sich die mächtigsten Vampire der Welt versammelt hatten.
Lestat stand in ihrer Mitte, ein Lächeln auf den Lippen, seine goldenen Augen voller Spott und Herausforderung. Er konnte ihre Furcht riechen, ihre Zweifel schmecken.
„Nun?“ Seine Stimme hallte von den Wänden wider. „Ich habe euch eine Wahl gelassen.“
Marius war der Erste, der das Schweigen brach. Seine blauen Augen funkelten, sein Gesicht blieb hart.
„Du sprichst, als wärst du bereits unser König, Lestat.“
Lestat zuckte mit den Schultern. „König? Ach, Marius… so alt und doch so naiv. Ich will nicht euer Herrscher sein. Ich bin über solche Kleinigkeiten hinausgewachsen.“
Maharet neigte den Kopf, ihre roten Augen fixierten ihn. „Und doch erwartest du, dass wir uns vor dir verbeugen?“
Lestat trat einen Schritt auf sie zu. „Nein. Ich erwarte, dass ihr versteht. Dass ihr begreift, dass ich kein Feind bin… es sei denn, ihr macht mich zu einem.“
Die Spannung knisterte in der Luft.
Armand sagte nichts. Doch Lestat konnte spüren, was in ihm vorging. Er kannte ihn zu gut. Armand hatte immer zwischen Faszination und Angst geschwankt, wenn es um ihn ging.
„Was hast du vor?“ fragte Armand schließlich leise.
Lestat grinste. „Ich werde nicht weiter in der Dunkelheit sitzen, während ihr alten Relikte versucht, eure schwindende Macht zu bewahren. Unsere Art ist mehr als das. Wir könnten herrschen, wir könnten gestalten, wir könnten aufsteigen…“
Marius verzog das Gesicht. „Du sprichst wie Akasha vor ihrem Fall.“
Lestats Lächeln verschwand. Er trat näher an Marius heran, so nahe, dass ihre Gesichter nur wenige Zentimeter voneinander entfernt waren.
„Nein“, sagte Lestat mit kalter Stimme. „Akasha wollte unterwerfen. Ich will erschaffen.“
Maharet beobachtete ihn nachdenklich. „Und wenn wir dich nicht aufhalten können?“
Lestat lachte leise. „Dann bleibt euch nur die Wahl: Kommt mit mir… oder verschwindet in der Bedeutungslosigkeit.“
Die Entscheidung der Ältesten
Die Vampire hielten inne.
Sie wussten, dass Lestat nicht log.
Etwas in ihm war anders. Etwas, das sie nicht verstanden.
Ein Wesen, das nicht mehr nur ein Vampir war.
Marius ballte die Fäuste. „Du stellst uns also ein Ultimatum.“
Lestat seufzte theatralisch. „Nennt es, wie ihr wollt. Ich nenne es eine Einladung.“
Maharet schloss kurz die Augen, als lauschte sie auf eine uralte Stimme, die nur sie hören konnte. Dann sagte sie leise: „Ich werde mich dir nicht in den Weg stellen, Lestat.“
Khayman trat einen Schritt zurück. Armand zögerte.
Doch Marius’ Augen funkelten wütend.
„Ich kann das nicht akzeptieren.“
Lestat lächelte. „Dann sehen wir uns auf dem Schlachtfeld, alter Freund.“
Ein neuer Krieg beginnt
Die Versammlung war vorbei.
Maharet verschwand in der Dunkelheit. Khayman folgte ihr. Armand blieb stehen, unschlüssig, ein Gefangener seiner eigenen Zweifel.
Doch Marius…
Marius würde kämpfen.
Lestat spürte es.
Und er freute sich darauf.
Denn was war das Leben ohne ein bisschen Chaos?
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