Die Braut ohne Bräutigam

Unscheinbar steht sie inMitten des Waldes. Das sich brechende Licht der untergehenden Sonnetanzt auf ihrem weißen Kleid. Sie ist die Braut ohne Bräutigam. Sieist bereit das Versprechen für die gemeinsame Ewigkeit abzugeben,alles dafür zu opfern und sich de Zukunft einer Ehe zu widmen. Esist ihr egal, wer der Ehemann wird. Solange er die normalenAnforderungen erfüllt, die eine traute Zweisamkeit mit sich bringt.Denn sie weiß um den Verfall des Äußeren, um dieOberflächlichkeit, die alleine eine begrenzte Zeit zusammenschweißt.

Deswegen auch sucht sie nacheiner Seele, mit der sie sich im Innersten paaren kann. Sichverbinden kann auf gemeinsamen Pfad für eine eigene Ewigkeit. Und esmag sein, dass sie lange suchen muss, bis sie so ein Innerstesgefunden hat. Denn zu viel im Außen das ablenkt. Zu viel an Trubel,dass das Tiefe überspielt. Und zu selten ein ruhiger Moment inGemeinsamkeit, um das fremde Innere zu erfühlen.

So sammelt sie nicht dieMänner, die sie trifft. Sie sammelt Momente und Augenblicke in denensie sich in Nähe, nicht körperlich, paaren konnte. Sekunden volleroffenbarter Träume, die sich in Worten ergossen, um im Schwall derMenschlichkeit ertrinken zu können. Im Fehler der Vergangenheit dasPerfekte finden und im erduldeten Ertragen, die verborgene Stärke zuerkennen.

Viele Seelen hat sie bereitsgetroffen. Und unendliche Männer gieren nach Körperlichkeit. Abersie gibt sich dieser Verlockung nicht hin. Sie weiß, dass nur einerihre wahre Hingabe verdient. Wer tiefer als auf ihren Busen odersexistische Merkmale zu blicken vermag, der entdeckt den Schlüsselzu ihrem Selbst. Sie versteckt ihn nicht. Nein, ganz offensichtlichbietet sie ihn dem Gegenüber an. Aber auf Grund vonOberflächlichkeit vermag es bis jetzt keiner, ihre Seele zuberühren.

So wartet sie noch immer imtiefen Wald. Empfängt die Besucher, die verlorenen Männer, dienicht wissen, warum ihr Hunger nach Frauen nicht gestillt wird. Dennsie nur alleine geben sich dem kurzen Moment hin. Ohne die Tiefe undwirkliche Verbundenheit zu fühlen. Und so stolpern sie von Frau zuFrau. Von Körper zu Körper, denn was Anderes sammeln sie nicht.Nicht eine Tiefe, die sie erschlossen haben. Nicht eine Essenz, diesie berührt haben. Und nicht eine Seele, die sich mit ihrerverbunden hat. Denn sie suchen auf der untersten, offensichtlichstenEbene. Und das Traurige daran ist, dass sie nicht mal begreifen wassie da verpassen.

Unsere Braut nun jetzt, siebietet sich an. Dem, der wirklich zu sehen vermag. Und obwohl sie soleicht zu ergreifen, ist die Tiefe, die sie verlangt, eine Prüfungan der bis jetzt alle gescheitert sind. So will sie zwar sich der Eheverschreiben, aber der Bund kann nicht geschlossen werden, da nichtsfür eine Ewigkeit auftaucht.

Wir nun, wie beobachtetensie für einen Moment, in dem wir sie erblicken durften. Wie einGeist huschte sie im Augenblick vorbei. Sie nur trägt die Last derTiefgründigkeit einsam mit sich herum. Und wir wissen einfach nicht,warum sie so verdammt zu sein scheint. Sie verbleibt im tiefen Wald,nicht um sich zu verstecken. Sondern weil er die gleiche Botschaftwie sie selbst in sich verewigt trägt. Einsam scheint der Wald zusein. Aber blickt man genauer hin, so entdeckt man das pralle Leben.Und so ruhig es im ersten Moment auch scheint, so sehr verhüllt sichzwischen den Bäumen das tosende Leben in Gebären und Sterben. EinKampf um das Überleben. Ein Fressen und gefressen werden. EineWahrheit, die der oberflächliche Blick so nur niemals erschließenwird. Genau so, wie er niemals diese Braut zur Frau nehmen kann.

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